Der Irrtum PowerPoint

Ein Beitrag des Schweizer Rhetoriktrainers Matthias Pöhm (Dez. 2004)

Sie wissen, ich bin erklärter Feind von Powerpoint und Beamer. Ich will Ihnen hier einmal erklären warum.

Powerpoint verleitet zur Substantivierung und zum Formulieren von Wortmonstern, die nur noch vom Verstand verarbeitet werden, aber das Gefühl nicht mehr ansprechen. Das, was Sie normalerweise mit einem Verb ausdrücken, wird in Powerpoint zu einem Substantiv. Die zwei in der Umgangssprache frei gesprochenen Sätze: "Der Regensensor erkennt, ob's regnet, und macht den Scheibenwischer an. Der Regensensor erkennt, wie viel es regnet, und macht den Scheibenwischer schneller" werden unter Powerpoint zu Substantiv-Schlagwort-Sätzen zerstückelt.

Steuerungs-Kriterien des Regensensors:
=> Erkennen der Wischnotwendigkeit bei Benetzung der Frontscheibe
=> Wischintervallerhöhung durch Erkennen der Regenmenge

Jetzt passiert beim Vortrag leider folgendes. Der Redner, der die Charts als sein Stichwortzettel benutzt, liest, bevor er spricht, mit einem Blick diesen Satz. Die Formulierung auf der Folie wandert in sein Kurzzeitgedächtnis und es ist ihm fast unmöglich, das noch in anschauliche Alltagssprache zu übersetzen. Also liest er mehr oder weniger brav diesen Katastrophensatz ab. Spätestens nach fünf solcher Folien hört niemand mehr im Raum zu. Teilnehmer aus meinen Seminaren haben mir Powerpoint-Folien mitgebracht, wo 126 (!) solcher Horrorfolien hintereinander gezeigt wurden.

Wenn man sich klar macht, dass Microsofts PowerPoint mehrere hundert Millionen mal weltweit verkauft wurde, können Sie davon ausgehen, dass die Menschheit monatlich mit mehreren Milliarden solcher Folien zum Einschlafen gebracht wird.

Ich habe mal ein hypothetisches Szenario aufgestellt. Angenommen ein Manager hat bei so einer Präsentation 50 Führungsleute während zwei Stunden im Saal sitzen. Die Information rauscht auf nimmer wiedersehen durch das Kurzzeitgedächtnis der Zuhörer durch – Die Gedanken schweifen nach spätestens 5 Minuten zum Feierabend – Verstohlene Blicke richten sich auf die Uhr. Motivation wird nicht aufgebaut, sondern vernichtet. 50 Führungsleute während zwei Stunden kostet eine Firma ca. 7'000.- Euro. Nicht gezählt die Arbeit, die in dieser nutzlosen Zeit liegen geblieben ist. Wenn man einmal annimmt, dass von 100 Mitarbeiter wöchentlich 20 solche Vorträge über sich ergehen lassen müssen, und das multipliziert mit den rund 27 Millionen Beschäftigten in Deutschland, dann wird dort Deutschlandweit ein Betrag von 1,6 Milliarden Euro verpufft. ... Jede WOCHE! Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr.

Eigentlich wäre es volkswirtschaftlich sinnvoll, Powerpoint und Fertigfolien zu verbieten. Es würde den einzelnen Firmen Millionen sparen und der Volkswirtschaft Milliarden Zugewinne bringen.

Man könnte statt einen Feiertag zu kürzen, sofort zwei neue zusätzliche Feiertage einführen.
Wollen Sie wissen, wie man OHNE Powerpoint und Beamer fünf mal so viel Wirkung erzielt? >Seminarangebot von Matthias Pöhm

Mit freundlicher Genehmigung des Autors Matthias Pöhm

Zum gleichen Thema auch:
Macht PowerPoint blöd? (2003)

Bzw. die Originalversion in "Wired"

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