Vierer mit Steuergeist

Kurze Geschichte einer Geschäftsidee / Von Jens Jürgen Korff (Januar 2007)
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Wahrscheinlich entstehen die meisten Ideen dadurch, dass sie Dinge miteinander verknüpfen, oder besser gesagt: Geister in ein gemeinsames Boot setzen, die vorher nichts miteinander zu tun hatten und nur zufällig am gleichen Tag durch den selben Kopf spukten.

Eines Morgens also las ich beim Frühstück in einer zwei Wochen alten Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, Abteilung »Geld & mehr«, von Leuten, die angeblich mit ihren Weblogs Geld verdienen. Einer davon, so las ich, bloggert Kochrezepte, leitet dazu passende Google-Anzeigen auf sein Kochlogbuch – und schon klimpern klickweise die Dollars in seine Kasse. Dabei fand sich auch eine Liste der Branchen, die besonders viel Geld für Klicks auf ihre Wort-Anzeigen springen lassen: Versicherungen, Dienstleister (z. B. Detekteien, Ingenieurbüros, Werbeagenturen), Geld & Finanzen, Computer, Reisen, Partnersuche & Erotik. Das war der erste Geist.

Der zweite Geist war noch vom Vortag übrig geblieben: Da hatte mich im Open Business Club, der neuerdings Xing heißt und an die Börse geht, jemand angesprochen: Er wolle Kontakt zu mir aufnehmen und habe da gleich eine konkrete Anfrage. In Kürze erscheine ein Buch von ihm auf dem Markt, eine Art Reisebericht von Leuten, die vorher Angestellte waren und sich auf große Fahrt in die Selbständigkeit begeben hatten. Ob mir etwas einfiele, wie man per Newsletter Interesse für dieses Buch wecken könne? Ja, dazu war mir dann auch fast spontan etwas eingefallen.

Dieser Umstand erinnerte mich an etwas: der dritte Geist trat auf den Plan. Die Bielefelder Werbeagentur more!!communications hatte mir ein halbes Jahr zuvor eine E-Mail geschickt mit dem Angebot, mir eine 1-Euro-Idee zu liefern. Darauf war ich, aus reiner Neugier, eingegangen und hatte mir eine Idee liefern lassen für ein Projekt, das schon länger in meiner Schublade schlummerte, und siehe da: Die Idee war wirklich gut, und ich war selber vorher noch nicht darauf gekommen. Im Gespräch hatte der Agenturleiter mir gesagt, mit dieser Aktion wolle er aus einer agenturtypischen Not eine Tugend machen: diese Situationen, in denen ein Kunde ihn fragt, ob er nicht mal eben ganz unverbindlich eine Idee für das und das Problem aus dem Ärmel schütteln könne.

Und dann war da noch mein Zitatenschatz: Über 6000 Sprichwörter, Titel und Zitate, angesammelt in siebzehn Jahren Texterdasein, die aber, trotz der in ihnen komprimierten Hektoliter an Weisheit, immer noch keinen rechten Plan haben, wie sie sich in Geld verwandeln könnten, und zwar in mein Geld. Dieses war der vierte Geist – ein schon etwas angestaubter Geselle, der zumeist ganz hinten in einer dunklen Ecke sitzt, kaum auffällt und nur gelegentlich seine rostige Kette knarzen lässt. Immerhin: Die Idee, die ich dem Buchautor zukommen ließ, hing indirekt mit dem Zitatenschatz zusammen…

Und plötzlich war das Boot da, und am Steuer saß ein funkelnagelneuer, quicklebendiger Geist, der fünfte in der Runde, und winkte und heulte und sang und gab keine Ruhe, ehe nicht die vier anderen Geister alle in seinem Boot Platz genommen hatten. Und jetzt? Wohin geht die Reise?

  • Ich werde die Zitate zu einigen besonders ergiebigen Stich- und Schlüsselwörtern jeweils auf eine Extraseite ausgliedern und dafür sorgen, dass dort die passenden Google-Anzeigen erscheinen. Und dann schauen wir mal, was der nächste Dollarscheck aus Mountain View, California, einbringt.

  •  Ich werde, wie bisher schon, den kompletten Zitatenschatz zum Kauf anbieten – aber mit einem Inklusive-Zusatzartikel: Dazu gibt es eine individuelle Werbe- oder Marketing-Idee, extra für den Käufer – also für Sie!* Das könnte endlich das lange gesuchte Kettenglied zwischen dem Zitatenschatz (meiner einsamen Spitzen-Webseite!) und meinem etwas seltener angefragten Dienstleistungsangebot als Werbeprofi sein.

  • Und schließlich werde ich den Service mit der fast spontanen Werbe-Idee allen meinen Xing-Kontakten und sonstigen Netzwerkpartnern exklusiv und kostenlos anbieten. Denn Ideen finden macht Spaß – und nach einem ebenso dummen wie ehernen Geschäftsgesetz, das möglicherweise auf den kategorischen Kant zurückgeht, gibt es für Arbeit, die Spaß macht oder einem persönlich am Herzen liegt, meistens kein Geld. Wo ist übrigens die Agenda 2020, die das mal ändert?

*ersatzweise drei passende Zitate für Ihren aktuellen Anlass

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