Katze im Frühling Foto: teutoblicke

150 Frühlingszitate in einer Dichterdebatte  

Puck moderiert eine Dichterdebatte über die Themen Frühling, März, April, Mai, Juni, Bauern, Ostern, grün, Wandern, Blumen, Liebe, Sex, Frauen, Männer und Vögel. – Mit über 150 Zitaten!

PUCK: Na, ihr lieben Dichter, der Frühling ist da! Da seid ihr doch bestimmt ganz in eurem Element!

HOFFMANN VON FALLERSLEBEN: Frühling will nun einmarschiern, / Kommt mit Sang und Schalle. (1)

BRECHT: Frühling wurd’s im deutschen Land, / Über Asch’ und Trümmerwand / Flog ein erstes Birkengrün, / Probweis, delikat und kühn. (2)

MÖRIKE: Frühling läßt sein blaues Band / Wieder flattern durch die Lüfte / Süße, wohlbekannte Düfte / Streifen ahnungsvoll das Land / Veilchen träumen schon, / Wollen balde kommen / Horch, von fern ein leiser Harfenton! / Frühling, ja du bist's! / Dich hab ich vernommen! (3)

WEDEKIND: Frühlings Erwachen! (4)

UHLAND:  Die linden Lüfte sind erwacht, / Sie säuseln und weben Tag und Nacht, / Sie schaffen an allen Enden. / Nun muß sich alles, alles wenden. (5)

HOFFMANN VON FALLERSLEBEN: Sei willkommen, lieber Frühling! Sei gegrüßt viel tausendmal! (6)

GOETHE: Vom Eise befreit sind Strom und Bäche / Durch des Frühlings holden, belebenden Blick; / Im Tale grünet Hoffnungsglück. (7)


Netzi, die hilfsbereite Spinne
Kennen Sie schon Netzi, die hilfsbereite Spinne?
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PUCK: Es tut sich da eine ganze Menge. Wie sieht das im einzelnen aus? Was passiert im März?

STERNBERGER MÄNNERGESANGVEREIN (singt): Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt, / er setzt seine Felder und Wiesen instand, / er pflüget den Boden, er egget und sät / und rührt seine Hände frühmorgens und spät. (8)

KATZLHUBER (singt): Im Märzen der Bauer die Jauche versprüht. / Er nimmt keine Rücksicht auf das, was schon blüht. / Die Sämaschin‘ rüttelt und jault Hand in Hand, / die Lerchen und Kiebitze meiden das Land. (9)

PUCK: Bei der Gelegenheit – noch was über Bauern?

WALLENSTEIN (nach SCHILLER): Der Bauer ist auch ein Mensch – so zu sagen... (10)

LUTHER: Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern! (11)

GORKI: Jetzt gelten ihnen die Bauern überhaupt nichts mehr – früher, als die Bauern ihr Eigentum waren, gingen sie doch noch sorgsamer mit ihnen um. (12)

DEGENHARDT: Bauern ohne Land / Hirten ohne Herden / Tausendmal verbrannt... (13)

KLUGE: Erfahrung ist aber sehr langsam. Sie ist bäuerlich. Jeder hat so einen Bauern in sich. Den behält er lebenslänglich, und der ackert auf den Feldern der Erfahrung. (14)

PUCK: Der April bitte!

ČAPEK: Im Mai blühen die Bäume und Blumen nur, / aber im April schlagen sie aus; / glaubt mir, dieses Keimen und Ausschlagen, diese Knospen, / Knosplein und Keimlinge sind die größten Wunder der Natur.... (14a)

MORLEY: April is in my Mistress’ face / And July in her eyes hath place / Within her bossom is September / But in her heart a cold December. (15)

KALVERBENDEN (übersetzt singend): Die Lippen meiner Liebsten spieln April / Der Juli aus dem Aug’ ihr brechen will / In ihrem Busen ist September / In ihrem Herzen eisiger Dezember. (15)

PUCK: Jaja, die Frauen. Darauf kommen wir noch. Aber jetzt, Auftritt: der Mai!

HEINE: Es ist der erste Mai, der lumpigste Ladenschwengel hat heute das Recht, sentimental zu werden, und dem Dichter wolltest du es verwehren? (16)

KAMP: Alles neu / Macht der Mai, / Macht die Seele frisch und frei. (17)

GEIBEL: Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, / Da bleibe wer Lust hat mit Sorgen zu Haus... (18)

OVERBECK: Komm, lieber Mai, und mache / Die Bäume wieder grün / Und laß mir an dem Bache / Die kleinen Veilchen blühn! (19)

SCHMIDT ZU WERNEUCHEN: Vom Storche bis zum Spatz sich freut, / Vom Karpfen bis zum Stint! (20)

HEINE: Im wunderschönen Monat Mai, / Als alle Knospen sprangen, / Da ist in meinem Herzen / Die Liebe aufgegangen. (21)

KALVERBENDEN: Zwei wie Mai und Möchten. (22)

DEUTSCHES VOLKSLIED: Wie schön blüht uns der Maien, / Der Sommer fährt dahin, / Mir ist ein schön Jungfräuelein / Gefallen in mein Sinn. (23)

SCHILLER: Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder, / Mir hat er abgeblüht. (24)

GILM: Stell auf den Tisch die duftenden Reseden, / Die letzten roten Astern bring herbei, / und laß uns wieder von der Liebe reden, / Wie einst im Mai. (25)

PUCK: Hoppla, ihr Lieben, so schnell springt der Poet aus dem Mai in den November? Nein, nein, wir folgen euch nicht! Nach dem Mai kommt erst der Juni. – Hallo, der Juni! Schweigen im Dichterwald. Ah, Mark, du hast was zum Juni in petto?

TWAIN: Oktober ist ein sehr gefährlicher Monat, um an der Börse zu spekulieren. Andere gefährliche Monate sind: Januar, Februar, März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, November und Dezember. (26)

PUCK: Mark, das war, betriebswirtschaftlich gesprochen, nicht sehr zielführend! Gut – gehen wir zum Frühlingsfest über, dem fröhlichen Ostern!

HARINGER: Schönstes Ostern! Liebste Weihnachtspost! / Alle trogen arg. / Alle waren mein Sarg – / Aber du warst echt und ohne Trug! (27)

KALVERBENDEN: Zwei wie Ostern und Ei. (28)

OSTERMARSCHBEWEGUNG (singt): Der Polizei ein Osterei! (29)

PUCK: Grün ist die bestimmende Farbe des Frühlings.

GOETHE: Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, / Und grün des Lebens goldner Baum. (30)

DEUTSCHER VOLKSMUND: Ach du grüne Neune! Ob du so jemals auf einen grünen Zweig kommst? (31)

BIERMANN: Wir woll’n es nicht verschweigen / in dieser Schweigezeit: / Das Grün bricht aus den Zweigen. / Wir woll’n es allen zeigen, / dann wissen sie bescheid. (32)

DEUTSCHER VOLKSMUND: Dann ist ja alles im grünen Bereich. Bis du unterm grünen Rasen liegst. (31)

THUNMANN und HENSEL (singen): Im Frühtau zu Berge wir ziehn, fallera / Grün schimmern wie Smaragden alle Höhn, fallera / Wir wandern ohne Sorgen / Singend in den Morgen, / Noch ehe im Tale die Hähne krähn. (33)

PUCK: Wandern kann man jetzt, genau! Wer zieht mit?

MÜLLER: Das Wandern ist des Müllers Lust, / das Wandern! / Das muß ein schlechter Müller sein, / dem niemals fiel das Wandern ein, / das Wandern! (34)

RÜCKERT: O Wanderer am Bach, / geh nur dem Wasser nach, / Es führet sicher dich / zu Menschendach und Fach. (35)

ROTH: Du möchtest gern alleine wandern – / Doch ständig stören dich die andern. / Auch du bist – das bedenke heiter! – / Ein andrer andern, und nichts weiter. (36)

EICHENDORFF (singt): Wem Gott will rechte Gunst erweisen, / Den schickt er in die weite Welt... (37)

GOETHE: Um zu begreifen, daß der Himmel überall blau ist, braucht man nicht um die Welt zu reisen. (38)

HEINE: Es gibt zwei Sorten Ratten: / Die hungrigen und die satten. / Die satten bleiben vergnügt zu Haus, / Die hungrigen aber wandern aus. (39)

SOTKE (singt): Wilde Gesellen, vom Sturmwind durchweht, / Fürsten in Lumpen und Loden, / Ziehn wir dahin, bis das Herze uns steht, / Rastlos bis unter den Boden. / Fiedel, Gewand in farbiger Pracht. / Trefft keinen Zeisig ihr bunter. / Ob uns auch Speier und Spötter verlacht / Uns geht die Sonne nicht unter!) (40)

GOETHE: Wandrer, gegen solche Not / Wolltest du dich sträuben? / Wirbelwind und trocknen Kot / Laß ihn drehn und stäuben! (41)

ROTH: Ein Mensch lernt in der Kinderzeit, / Des Lasters Straßen seien breit, / Jedoch der Tugend Pfade schmal / In diesem irdischen Jammertal. / Der Mensch, bei seinem Erdenwandern, / Geht einen Holzweg nach dem andern, / Weil er auf Straßen, breit gebaut, / Sich einfach nicht mehr gehen traut. (42)

SÜVERKRÜP: Dann zieht der Kommunist die Unterwanderstiefel an / Und macht sich an sein illegales Untertagwerk ‘ran... (44)

PUCK: Was kann man noch anstellen? Eine Revolution vielleicht?

FREILIGRATH (singt): Das war ’ne heiße Märzenzeit, / Trotz Regen, Schnee und alledem! / Nun aber, da es Blüten schneit, / Nun ist es kalt trotz alledem! (45)

BRECHT (singt): Das Frühjahr kommt. Wach auf, du Christ! / Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn. / Und was noch nicht gestorben ist / Das macht sich auf die Socken nun. (46)

KREISLER (singt): Der Frühling, der Frühling, der Frühling is’ hier –  / Gemma Tauben vergiften im Park! / Kann’s geben im Leben ein größ’res Pläsir / Als das Taubenvergiften im Park? (47)

PUCK: Ah, geh‘ jetzt, Schorschi, net daas scho‘ wieder! Wie wär’s mit Blumen pflücken? War nicht vorhin schon von Veilchen die Rede?

WALKER: Ich glaub, es stinkt Gott, wenn du irgendwo in einem Feld an der Farbe Lila vorbeigehst und sie nich siehst. (48)

EMERSON: Blumen sind das Lachen der Erde. (49)

GOETHE: Kleine Blumen, kleine Blätter / Streuen mir mit leichter Hand / Gute junge Frühlingsgötter / Tändelnd auf ein luftig Band. (50)

BAUDELAIRE: Les fleurs du mal – die Blumen des Bösen… (51)

PUCK: Mais, Charles! Quel bris d‘ambiance!

NOVALIS: ...fern ab liegt mir alle Habsucht; aber die blaue Blume sehn’ ich mich zu erblicken. (52)

MÖRIKE: Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht / Er fiel auf die bunten Blaublümelein / Sie sind verwelket, verdorben. (53)

GRILLPARZER: Gold schenkt die Eitelkeit, der rauhe Stolz; die Freundschaft und die Liebe schenken Blumen. (54)

HEINE: Du bist wie eine Blume, / So hold und schön und rein; / Ich schau dich an, und Wehmut / Schleicht mir ins Herz hinein. (55)

PUCK: Ach, Henri, das war die perfekte Überleitung zum Dichterthema schlechthin. So lasst uns denn von der Liebe sprechen! Bitte leis‘ und zart, zunächst!

KLOPSTOCK: Im Frühlingsschatten fand ich sie; / Da band ich sie mit Rosenblättern: / Sie fühlt’ es nicht, und schlummerte. (56)

DEUTSCHER VOLKSMUND: Komm‘ an meine grüne Seite! (31)

GOETHE: Freudvoll / Und leidvoll, / Gedankenvoll sein, / Langen / Und bangen / In schwebender Pein, / Himmelhoch jauchzend, / Zum Tode betrübt – / Glücklich allein / Ist die Seele, die liebt. (57)

KEUN: …wir sind ja doch nur gut aus Liebe und böse oder gar nichts aus Unliebe… (58)

BRECHT: Da war auch eine Liebe. / Sie war zwölf, er war fünfzehn Jahr. / In einem zerschossenen Hofe / Kämmte sie ihm sein Haar. // Die Liebe konnte nicht bestehen / Es kam zu große Kält: / Wie sollen die Bäumchen blühen / Wenn so viel Schnee drauf fällt? (59)

SCHILLER: O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen, / Der ersten Liebe goldne Zeit! / Das Auge sieht den Himmel offen, / Es schwelgt das Herz in Seligkeit. / Oh, daß sie ewig grünen bliebe, / Die schöne Zeit der jungen Liebe! (60)

GOETHE: Heut ist mir alles herrlich; wenn’s nur bliebe! / Ich sehe heut durchs Augenglas der Liebe. (61)

GRILLPARZER: Das eben ist der Liebe Zaubermacht, / Daß sie veredelt, was ihr Hauch berührt, / Der Sonne ähnlich, deren gold'ner Strahl / Gewitterwolken selbst in Gold verwandelt. (62)

KRAUS: Liebe und Kunst umarmen nicht, was schön ist, sondern was eben dadurch schön wird. (63)

PASCAL: In der Liebe gilt Schweigen oft mehr als Sprechen. Es wirkt gut, wenn der Liebende in seiner Erregung nicht Worte finden kann. Es gibt eine Beredsamkeit des Schweigens, die tiefer eindringt, als es das Sprechen könnte. (64)

SALOMO: Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, bei den Gazellen..., daß ihr die Liebe nicht aufweckt und nicht stört, bis es ihr selbst gefällt. (65)

KÖRNER: Die Liebe hat kein Maß der Zeit; sie keimt / Und blüht und reift in einer schönen Stunde. (66)

GIBRAN: Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, / Sind ihre Wege auch schwer und steil. (67)

ALLEN: Liebe ist die Antwort, aber während man auf die Antwort wartet, entstehen durch Sex einige hübsche Fragen. (68)

SEGAL: Liebe ist Geduld, Sex Ungeduld. (69)

BRECHT: Und fragst du mich, was mit der Liebe sei? / So sag ich dir: ich kann mich nicht erinnern / Und doch, gewiß, ich weiß schon, was du meinst. / Doch ihr Gesicht, das weiß ich wirklich nimmer / Ich weiß nur mehr: ich küßte sie dereinst. (70)

BRECHT: Der Liebe pflegte ich achtlos / Und die Natur sah ich ohne Geduld. (71)

PUCK: Warten, nichts einfordern, nichts erzwingen… Wer wartet noch?

HARINGER: Muß doch noch warten auf das Kamel, das mich mal durchs Nadelöhr führt... (72)

MONTAIGNE: Wer nicht warten kann, bis ihn dürstet, wird am Trinken kein Vergnügen finden. (73)

BECKETT: Warten auf Godot… (74)

DANTE: Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt. (75)

PUCK: Aber wenn sie plötzlich da ist, die Liebe, dann gibt’s kein Halten mehr.

CLAUDIUS: Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel / Und dringt durch alles sich; / Sie ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel / Und schlägt sie ewiglich. (76)

ROMEO (nach SHAKESPEARE): For stony limits cannot hold love out, / And what love can do, that dares love attempt. (77)

SCHLEGEL und TIECK (übersetzen): Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren; / Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann...  (77)

VERGIL: Alles bezwingt die Liebe. (Omnia vincit Amor...) (78)

EBNER-ESCHENBACH: Die Liebe hat nicht nur Rechte, sie hat auch immer recht. (79)

SCHILLER: Allmächt’ge Liebe! Göttliche! Wohl nennt / Man dich mit Recht die Königin der Seelen. (80)

LÉAUTAUD: Die Liebe, die wahre Liebe, die vollständige und einzige, die zählt: das ist die mit Leidenschaft schamlos genossene. (81)

PUCK: Woran erkenne ich, dass ich jemanden liebe?

STENDHAL: Lieben ist: den Genuß haben, ein liebenswertes und liebendes Wesen mit allen Sinnen, so nahe wie möglich, zu sehen, zu berühren, zu fühlen. (82)


HEINE: Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht, / Das kümmert mich gar wenig; / Schau ich dir nur ins Angesicht, / So bin ich froh wie’n König. (83)

REZZORI: Und er liebte sie mehr mit jedem Tage, und sah er sie nur an, so ward sein Herz von Zärtlichkeit schwer wie eine Honigwabe. (84)

NOVALIS: Was man liebt, findet man überall, und sieht überall Ähn¬lich¬keiten. (85)

GOETHE: Man muß nur ein Wesen recht von Grund auf lieben, da kommen einem die übrigen alle liebenswürdig vor. (86)

WALKER: Je mehr ich mich wundere, sagt er, um so mehr lieb ich auch. (87)

DIE GAUCHOS (nach CHAIX): Lieben ist nicht männlich. (88)

PUCK: Aber was ist denn Liebe eigentlich?

HEINE: Du fragst mich, Kind, was Liebe ist? / Ein Stern in einem Haufen Mist. (89)

HALM: Was ist denn Liebe? Sag! / Zwei Seelen und ein Gedanke, / Zwei Herzen und ein Schlag. (90)

DAUMER: Ein dunkeler Schacht ist Liebe / Ein gar zu gefährlicher Bronnen; / Da fiel ich hinein, ich Armer / Kann weder hören noch sehn / Nur denken an meine Wonnen / Nur stöhnen in meinen Wehn. (91)

STAEL-HOLSTEIN: Die Liebe ist nur eine Episode im Leben des Mannes; sie ist die ganze Geschichte des Frauenlebens. (92)

ROMEO (nach SHAKESPEARE): Love is a smoke raised with the fume of sighs; / Being purged, a fire sparkling in lovers' eyes; / Being vex'd a sea nourish'd with lovers' tears: / What is it else? a madness most discreet, / A choking gall and a preserving sweet. (93)

SCHLEGEL und TIECK (übersetzend): Lieb‘  ist ein Rauch, den Seufzerdämpf‘ erzeugten; / Geschürt, ein Feu‘r, von dem die Augen leuchten; / Gequält, ein Meer, von Tränen angeschwellt. / Was ist es sonst? Verständ‘ge Raserei, / Und ekle Gall‘ und süße Spezerei. (93)

HEINE: Liebeswahnsinn! Pleonasmus! / Liebe ist ja schon ein Wahnsinn! (94)

NIETZSCHE: Es ist immer etwas Wahnsinn in der Liebe. Es ist aber immer auch etwas Vernunft im Wahnsinn. (95)

GOETHE: Und doch, welch Glück, geliebt zu werden! / Und lieben, Götter, welch ein Glück! (96)

BÖRNE: Die Liebe ist jene Flamme, welche die Götter den Sterb¬lichen mißgönnen, und die Eifersucht ist der fressende Geier, der den Diebstahl furchtbar rächt. (97)

STEVENSON: Liebe ist das große Amulett, das die Welt in einen Garten verwandelt. (98)

POLGAR: Liebe ist ein privates Weltereignis. (99)

AGNELLI: Liebe ist etwas fürs Personal. (100)

KILB: Liebe ist nur ein Ford. (101)

LEANDER (nach BALZ, singend): Kann denn Liebe Sünde sein? (102)

KAFKA: Liebe ist, daß du mir das Messer bist, mit dem ich in mir wühle. (103)

PUCK: Nun ist, wie Franz bereits angedeutet hat, Liebe ja ein Ding, zu dem in der Regel zwei Menschen nötig sind. Wie geht ihr Dichter – notorische Einzelgänger, die ihr seid – eigentlich mit diesem Problem um?

GOETHE: Gegen große Vorzüge eines andern gibt es kein Rettungsmittel als die Liebe. (104)

GIBRAN: Liebe gibt nichts als sich selbst und nimmt nichts als von sich selbst. / Liebe besitzt nicht, noch läßt sie sich besitzen; / Denn die Liebe genügt der Liebe. (105)

SCHILLER: Die Liebe ist der Liebe Preis. (106)

EBNER-ESCHENBACH: Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen. 

KEY: Die Möglichkeit, durch die Liebe eine ganze Persönlichkeit zu werden, hängt zur Hälfte von dem ganzen und reinen Willen des anderen ab, seinerseits das Zusammenleben zu vertiefen. (106)

MODERSOHN-BECKER: Fordert das denn die Liebe, daß man werde wie der andere? Nein und tausend¬fach nein. Ist nicht dadurch der Bund zweier starker Menschen so reich und so allbeglückend, daß Beide herrschen und Beide dienen in Schlichtheit und Friede und Freude und stiller Genügsamkeit... (107)

WEBER: Liebe hat die Natur, Ehe die Vernunft gestiftet. (108)

HELENA (nach GOETHE): Liebe, menschlich zu beglücken, / Nähert sie ein edles Zwei; / Doch zu göttlichem Entzücken / Bildet sie ein köstlich Drei. (109)

KELLER: Es liegt etwas so unerklärlich Heiliges und Seliges in der Liebe, sie macht so nobel und lauter, daß in dem¬jenigen, der fruchtlos und unglücklich liebt, etwas Unwahres und Ungerechtes sein muß. (110)

KEUN: Wo ist denn nur Liebe und etwas, das nicht immer gleich entzwei geht? (111)

PUCK: Irmgard, deine bewegende Frage führt uns direkt in die Abgründe der Liebe. Sie sind bekannt seit Alters her.

EURIPIDES: Was ist es, sprich, was bei den Menschen Liebe heißt? / O Kind, das Süßeste und Bitterste zugleich. (112)

OVID: Litore quot conchae, tot sunt in amore dolores! – Wieviel Muscheln am Strand, so viel Schmerzen bietet die Liebe. (113)

DANTE: Nie hat auf den sich wahrer Schmerz ergossen, / Der nicht gefühlt der Liebe bitt'res Weh; / Noch winkte dem der Freude Becher je, / Der selig Liebeswonne nicht genossen. (114)

GOTTFRIED: Wem nie von Liebe Leid geschah, / dem geschah auch Lieb von Liebe nie. / Liebe und Leid, die waren je / an Minne un¬geschieden. (115)

GOETHE: Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt / Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt. (116)

BÖRNE: Schmerz ist der Vater und Liebe die Mutter der Weisheit. (117)

FEUERBACH: Wo keine Liebe ist, ist auch keine Wahrheit. / Und nur der ist etwas, der etwas liebt. / Nichts sein und nichts lieben, ist identisch. (118)

BODENSTEDT: Wen Liebe nie zu weit getrieben, / Den trieb sie auch nie weit genug. (119)

RÜCKERT: Wer sich am Süßen der Liebe will laben, / Ohne das Bitt're genossen zu haben, / Will im Tempel zu Mekka ruhn, / Ohne das Pilgerkleid anzutun.  (120)

GIBRAN: Wie Korngarben sammelt sie dich um sich. / Sie drischt dich, um dich nackt zu machen. / Sie siebt dich, und dich von deiner Spreu zu befreien. / Sie mahlt dich, bis du weiß bist. / Sie knetet dich, bis du geschmeidig bist; / Und dann weiht sie dich ihrem heiligen Feuer, damit du heiliges Brot wirst für Gottes heiliges Mahl. (121)

RÜCKERT: Wehe dem, der zu Sterben geht / Und keinem Liebe geschenkt hat; / Dem Becher, der zu Scherben geht / Und keinen Durst‘gen getränkt hat! (122)

BEAUVOIR: Die Mutter weiht ihren Sohn dem Tode, indem sie ihm das Leben gibt; die Liebende treibt den Liebhaber zum Verzicht auf das Leben, zur Hingabe an den tiefsten Schlaf. Diese Verbindung zwischen Liebe und Tod ist in der Tristansage pathetisch dargelegt... (123)

PUCK: Gibt es Auswege aus dem Verhängnis?

LEANDER (nach BECKMANN): Nur nicht aus Liebe weinen, / es gibt auf Erden nicht nur den Einen. (124)

GOETHE: Liebe schwärmt auf allen Wegen; / Treue wohnt für sich allein. (125)

BENJAMIN: In der Liebe suchen die meisten ewige Heimat. Andere, sehr wenige aber, das ewige Reisen. (126)

HEINE: Hat man die Liebe durchgeliebt, / Fängt man die Freund¬schaft an. (127)

GRÜNBEIN: Und weil Zeit immer untreu ist, bleibt uns nur – Mesalliance / Mit dem, was uns zurückruft, Liebe, dem einzigen Du unter allen. (128)

KEUN: Und was so klein ist und weich und ohne Hilfe, daß man es mit zwei Händen fassen kann, dafür hat man immer sehr viel Liebe. (129)

PUCK: Manche Dichter neigen dazu, die Liebe ein wenig ins Wolkige zu heben und die handfesteren Aspekte zu vernachlässigen. Woody – der natürlich kein Dichter ist, sondern Kinomaler – hatte bereits die Güte, uns daran zu erinnern, dass Liebe etwas mit Sex zu tun hat. Vielleicht gibt es weitere Stimmen dieser Art? Oh, einer unserer Ältesten möchte den Anfang machen.

WALTHER: Under der linden / an der heide, / dâ unser zweier bette was, / Dâ muget ir vinden / schône beide / gebrochen bluomen unde gras. / Vor dem walde in einem tal, / tandaradei, / schône sanc diu nahtegal. (130)

SZYMANSKI: Sex ist, als würden sich zwei gut unterhalten, aber was fragen sie, was antworten sie, es ist unübersetzbar. (131)

MOREAU: Beim Liebesspiel ist es wie beim Autofahren. Die Frauen mögen die Umleitung, die Männer die Abkürzung. (132)

GOETHE: Wie man ein Liebesabenteuer treibt. / Zufällig naht man sich, man fühlt, man bleibt, / Und nach und nach wird man verflochten (133)

ALLEN: Er fragte mich, ob ich denn Sex für schmutzig hielte, und ich sagte: Sex ist schmutzig, wenn man es richtig macht. (134)

UPDIKE: Sex ist das der Glückseligkeit Verwandteste. (135)

REICH: Der Kern des Lebensglücks ist das sexuelle Glück. (136)

VILAR: Die Frau kontrolliert ihren Sex, weil sie für Sex all das bekommt, was ihr noch wichtiger ist als Sex. (137)

SODERBERGH: Sex, Lies, and Videotype – Sex, Lügen und Video! (138)

PUCK: Wir haben bis jetzt, egozentrisch, wie es der Zeitgeist empfiehlt, die Liebe subjektiv betrachtet. Doch in der Realität richtet sie sich meist auf ein Objekt. Da die meisten hier versammelten Dichter Männer sind, die Frauen lieben, wenden wir uns zunächst diesem Aspekt zu. Was, ihr Sänger der Liebe, liebt ihr denn eigentlich an den Frauen?

SHAKESPEARE: If Ladies be but young and fair / They have the gift to know it. -- Wenn Frauen jung und schön nur sind, / So haben sie die Gabe, es zu wissen. (139)

DAUMER: O die Frauen, o die Frauen / Wie sie Wonne, Wonne tauen! / Wäre längst ein Mönch geworden / Wären nicht die Frauen. (140)

MÜLLER-WESTERNHAGEN: Mama, was ist mit mir los? / Frauen gegenüber bin ich willenlos, / völlig willenlos! (141)

MASTROIANNI: Es gibt keine raffiniertere Mischung als Unschuld und Sex-Appeal. (142)

SCHILLER: Ehret die Frauen! sie flechten und weben / Himmlische Rosen ins irdische Leben, / Flechten der Liebe beglückendes Band... (143)

WOOLF: Frauen haben über Jahrhunderte hinweg als Spiegel gedient mit der magischen und köstlichen Kraft, das Bild des Mannes in doppelter Größe wiederzugeben. Ohne diese Kraft wäre die Erde vielleicht noch immer Sumpf und Dschungel. (144)

HESTER WORSLEY (nach WILDE): Ach ja – der ideale Mann würde zu uns reden, als wären wir Göttinnen, und uns behandeln, als wären wir kleine Kinder. (145)

VALERIUS MAXIMUS: Der größte Schmuck der Frauen sind ihre Kinder. (146)

BEAUVOIR: Da man den Frauen schlecht sagen kann, es sei eine heilige Aufgabe, Töpfe zu spü¬len, sagt man ihnen: Es ist eine heilige Aufgabe, Kinder zu erziehen. (147)

HEINE: Das Fräulein stand am Meere / Und seufzte lang und bang, / Es rührte sie so sehre / Der Sonnenuntergang. (148)

FAUST (nach GOETHE): Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, / Meinen Arm und Geleit Ihr anzutra¬gen? (149)

PUCK: Und was, ihr Dichterinnen, liebt ihr an den Männern?

WALKER: Ich liebe seinen Gang, seine Größe, seine Gestalt, seinen Ge¬ruch, die Krausheit seiner Haare. Ich liebe das Innere seiner Hände. Das Rosa innen an seinen Lippen. Ich liebe seine große Nase. Ich liebe seine Brauen. Ich liebe seine Füße. Und ich liebe seine guten Augen, in denen man die Verletz¬lichkeit und die Schönheit seiner Seele so offen lesen kann. (150)

PUCK: War’s das schon? Vielleicht hat einer der Herren noch Vorschläge – aus langjähriger Frauenbeobachtung?

SCHIKANEDER (singt): Bei Männern, welche Liebe fühlen, / Fehlt auch ein gutes Herze nicht. (151)

BERNAUER und SCHANZER (singen): Die Männer sind alle Verbrecher, / ihr Herz ist ein finsteres Loch... (152)

WILDE: Ich mag Männer, die eine Zukunft, und Frauen, die eine Vergangenheit haben. (153)

TREITSCHKE: Männer machen die Geschichte. (154)

DRUSKOWITZ: Die gesamte Historie ist, mit geringen Ausnahmen, einfach »Männergeschichte« und deshalb roh bis zum Äußersten und ein schlechtes Vorbild. (155)

PUCK: So wollen wir denn diesen Diskurs mit einem Blick auf die Vögel beenden, vielmehr ihrem die Jahreszeit ausschmückenden Gesang lauschen!

JESUS (nach MATTHÄUS): Seht die Vögel unter dem Himmel! ...sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. (156)

STEVENS (singt): Morning has broken / Like the first morning. / Blackbird has spoken / Like the first bird. / Praise for the seeing / Praise for the morning / Praise for them springing / Fresh from the word. (157)

KALVERBENDEN (übersetzt singend): Morgen mit Sonne / wie der erste Morgen! / Amsel singt Wonne / wie am ersten Ort. / Preise das Sehen, / preise den Morgen, / wie sie entstehen / frisch aus dem Wort! (157)

Quellenverzeichnis

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