Übern Tellerrand 6 - Dezember 2010

Weihnachts-Newsletter von korffTEXT

 Foto: teutoblicke

Inhalt


Dichterdebatte rund um weihnachtliche Themen (1. Teil)

PUCK: Sie kennen mich vielleicht aus dem "Sommernachtstraum" von Shakespeare. Damals diente ich Oberon. Heute hat mich Jens Jürgen Korff als Moderator engagiert, um Sie durch seinen Zitatenschatz zu führen. Eigentlich sprechen in einem Zitatenschatz die toten und lebenden Dichterinnen und Dichter miteinander, und wir hören zu. Doch es gibt noch jemanden, der hier mitreden will: Das sind ein paar Erben von Dichtern, die noch nicht lange genug tot sind und deshalb immer noch Geld abwerfen. Auch ich möchte die Dichter gerne pur auf Sie loslassen, liebe Leser…

KARL VALENTIN: Mögen hätt’…

PUCK: Karl! Bist du wohl still! Du weißt genau, deine Erben haben’s verboten.

WERNER HEGEMANN: Erben und Besitzende scheuen die Abwechslung. Sie möchten lieber die Fehler der Vergangenheit verewigt und dauernd wiederholt sehen.  (Entlarvte Geschichte)

GEORG KREISLER (singt): Man verbot jetzt April und Musik in A-Dur / Und man muß jetzt die Semmeln verzolln...

PUCK: Das werde ich hier nicht weiter kommentieren. Diese Dichter sind ja schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe…

HEINRICH HEINE: Und viele Bücher trag ich im Kopf! / Ich darf es euch versichern, / Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest / Von konfiszierlichen Büchern.

PUCK: Oui, Henri; du hast mir gerade noch gefehlt. Auf Bücher kommen wir erst später. Jedenfalls muss ich jetzt immer wieder dazwischenquatschen, damit ich ein urheberrechtlich geschütztes Werk erzeuge, in dessen Zusammenhang ich nach § 51 Urhebergesetz dann euch, ihr lieben Autoren, frei herbeizitieren darf. Aus aktuellem und feierlichem Anlass beginne ich mich mit dem Thema Weihnachten.

CHARLES-LOUIS CADET-GASSICOURT: ...alles Feierliche ist in Deutschland vor der Lächerlichkeit sicher.

FAUST (nach WOLFGANG GOETHE): Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen / Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, / Wenn hinten, weit, in der Türkei / Die Völker aufeinander schlagen. (Faust I, Vor dem Tor)

PUCK: Ich bitte dich, mein lieber Faust, mein lieber Goethe! Weihnachten ist das Fest des Friedens. Da wollen wir von Kriegsgeschrei nichts hören. Außerdem redet ihr von Ostern, das passt auch nicht. Wie sieht denn dieses Weihnachten eigentlich aus? Joseph, da hast du doch bestimmt was auf Lager?

JOSEPH VON EICHENDORFF: Markt und Straßen stehn verlassen, / Still erleuchtet jedes Haus, / Sinnend geh ich durch die Gassen, / Alles sieht so festlich aus.

ALICE WALKER: Mr. --- säuft ganz Weihnachten durch. Er und Grady. Ich und Shug, wir kochen, reden, putzen das Haus, reden, schmücken den Baum, reden, wachen morgens auf, reden. (Die Farbe Lila)

THEODOR STORM: Mir ist das Herz so froh erschrocken, / Das ist die liebe Weihnachtszeit! / Ich höre ferne Kirchenglocken / Mich lieblich heimatlich verlocken / In märchenstille Herrlichkeit.

JOHANN DANIEL FALK (singt):  O du fröhliche, / O du selige, / Gnadenbringende Weihnachtszeit!

MARTIN FRIEDRICH PHILIPP BARTSCH (singt):  Morgen, Kinder, wird’s was geben, / Morgen werden wir uns freu’n / Welch ein Jubel, welch ein Leben / Wird in unsrem Hause sein! / Einmal werden wir noch wach, / Heißa, dann ist Weinachtstag!

PUCK: Na, da haben wir ja eine Menge Motive und Stichworte beisammen: Es ist still und erleuchtet, man trinkt, kocht, isst und redet, das Herz ist tangiert, Glocken läuten und locken in die Heimat, Märchen erinnern an Kindertage, das Haus ist geschmückt, alle freuen sich und jubeln…

ERICH KÄSTNER (singt): Morgen, Kinder, wird’s nichts geben! / Nur wer hat, kriegt noch geschenkt. / Mutter schenkte euch das Leben. / Das genügt, wenn man’s bedenkt. / Einmal kommt auch eure Zeit. / Morgen ist’s noch nicht soweit.

PUCK: Erich, denk an deine Erben! Auch du solltest dich lieber in weihnachtlicher Stille üben, statt uns hier die Feierlaune zu verderben und Klassenkampftöne anzustimmen Jetzt werden erst noch schnell die Weihnachtsgrüße verschickt.

MOHAMMED: Wenn ihr mit einem Gruß begrüßt werdet, dann grüßt mit einem noch schöneren Gruß... (Koran 4, 86)

DANNY RUBIN: Und täglich grüßt das Murmeltier...

JAKOB HARINGER: Schönstes Ostern! Liebste Weihnachtspost! / Alle trogen arg. / Alle waren mein Sarg – / Aber du warst echt und ohne Trug!

PUCK: Und dann wird der Baum aufgestellt. Alice war bereits so freundlich, uns daran zu erinnern.

ALICE WALKER: ...es is, wie wenn die Bäume ums Haus rum sich auf die Zehen stelln, daß sie besser sehn.

MOSE: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm issest, mußt du des Todes sterben. (Altes Testament: 1. Mose 2, 16)

MARTIN LUTHER: Gott hat sein Geheimnis in die Bäume geschrieben, nicht aber in die Bücher.

PUCK: Dort finden wir nur die Geheimnisse sterblicher Dichter, in der Tat. Doch da die Bücher aus Bäumen hergestellt werden, geht eine Spur des göttlichen Geheimnisses wohl auch in sie ein.

LUDWIG UHLAND:  Bei einem Wirte wundermild, / da war ich jüngst zu Gaste. / Ein goldner Apfel war sein Schild / an einem langen Aste. / Es kamen in sein grünes Haus / viel leicht beschwingte Gäste, / sie sprangen frei und hielten Schmaus / und sangen auf das Beste. / Es war der gute Apfelbaum, / bei dem ich eingekehret. / Mit frischer Kost und süßem Schaum / hat er mich wohl genähret.

SALOMO: Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so ist mein Freund unter den Jünglingen. Unter seinem Schatten zu sitzen begehre ich, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß. (Altes Testament: Das Hohelied Salomos 2, 3)

BERTOLT BRECHT: Im Hofe steht ein Pflaumenbaum / Der ist klein, man glaubt es kaum. / Er hat ein Gitter drum / So tritt ihn keiner um. / Der Kleine kann nicht größer wer’n. / Ja größer wer’n, das möcht er gern. / ’s ist keine Red davon / Er hat zu wenig Sonn.

ALEXANDRA: Mein Freund der Baum ist tot. / Er fiel im frühen Morgenrot.

HOIMAR VON DITFURTH: So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit.

JAKOB HARINGER: So wünsch ich, da der Spuk zu End, / Wenn ich längst Asche, daß / Aus meinem Staub ein Baum aufwächst – / Ein Baum – der Bruder Gottes!

PUCK: Zum Abschluss noch eine Zungenbrecher-Redensart, über die Weihnachtstage zu üben: Hinter dichtem Fichtendickicht picken dicke Finken tüchtig. Übrigens liegt die Weihnachtszeit im Winter, und da ist es oft kalt. Was gibt es dazu zu sagen?

DEUTSCHER VOLKSMUND: Nachts ist es kälter als draußen.

FRIEDRICH HÖLDERLIN: Weh mir! Wo nehm ich, wenn es Winter wird, / die Blumen, und wo den Sonnenschein und Schatten der Erde? / Die Mauern stehen sprachlos und kalt, / Und im Winde klirren die Fahnen.

HELEN VITA: Der Winter ist auch nicht mehr, was er war; die Männer sind alle so unverfroren.
HO CHI MINH: Ohne die Kälte und Trostlosigkeit des Winters gäbe es die Wärme und Pracht des Frühlings nicht.

PUCK: Und dunkel ist es, die Winternacht ist lang; Weihnachten findet nachts statt. Doch in der Nacht leuchten Sterne, und warmes Licht dringt aus heimeligen Fenstern…

BERTOLT BRECHT: Denn die einen sind im Dunkeln, / Und die anderen sind im Licht / Und man siehet die im Lichte / Die im Dunkeln sieht man nicht. (Dreigroschenoper)

JOSEPH VON EICHENDORFF:  Wie schön, hier zu verträumen / Die Nacht im stillen Wald, / Wenn in den dunklen Bäumen / Das alte Märchen hallt.

JOSEPH MOHR:  Stille Nacht, heilige Nacht! / Alles schläft, einsam wacht / Nur das traute hochheilige Paar. / Holder Knabe im lockigen Haar / Schlaf in himmlischer Ruh’!

PUCK: Stille Tage allerdings scheinen es auch in sich zu haben, zumindest in Clichy.

WOLFGANG GOETHE: Die Nacht scheint tiefer tief hereinzudringen, / Allein im Innern leuchtet helles Licht... (Faust II, 5)

FRIEDRICH NIETZSCHE: Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen. Und auch meine Seele ist ein springender Brunnen. (Also sprach Zarathustra)

WILLY DEHMEL: In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine...

HEINRICH HEINE: Sterne mit den goldnen Füßchen / Wandeln droben bang und sacht, / Daß sie nicht die Erde wecken, / Die da schläft im Schoß der Nacht.

JOHANN WILHELM HEY: Weißt du, wieviel Sternlein stehen / An dem blauen Himmelszelt?

FRANZ JOSEF DEGENHARDT: Schau ’rauf, merk dir genau, wo der Polarstern steht, / Eh der Große Bär ihn frißt! / Ritz dir in die Hand / Die Marschzahl, wenn es geht, / Eh man die Windrose bricht. (Hochzeit)

WOLFGANG GOETHE: Die Sterne, die begehrt man nicht, / Man freut sich ihrer Pracht... (Trost in Tränen)

PUCK: Das haben nicht alle Dichter so gesehen…

VERGIL: Sic itur ad astra... So steigt man zu den Sternen.

LEO BURNETT: Wenn Sie nach den Sternen greifen, erreichen Sie sie vielleicht nicht, aber Sie wühlen mit Sicherheit nicht im Dreck.

JOHANN JOACHIM WINCKELMANN: Edle Einfalt und stille Größe…

MOHAMMED: Gekommen ist ... von Gott ein Licht und ein offenkundiges Buch, mit dem Gott diejenigen, die seinem Wohlgefallen nachgehen, die Wege des Friedens leitet und sie aus den Finsternissen ins Licht herausbringt...  – Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. Sein Licht ist einer Nische vergleichbar, in der eine Lampe steht. Die Lampe ist in einem Glas. Das Glas ist, als wäre es ein funkelnder Stern. Es wird angezündet von einem gesegneten Baum, einem Ölbaum..., dessen Öl fast schon leuchtet, auch ohne daß das Feuer es berührt hätte. Licht über Licht! Gott führt zu seinem Licht, wen Er will...  – Wem Gott kein Licht verschafft, für den gibt es kein Licht. (Koran 5, 15f; 24, 35; 24, 40)

JESUS: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. – Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Neues Testament: Johannes 8, 12; Matthäus 5, 14)

MOSE: Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. (Altes Testament: 1. Mose 1, 3)

PUCK: Doch es gibt auch Licht aus Menschenhand.

ANNE FINCH, COUNTESS OF WINCHILSEA: Meine Hand bringt Unentdecktem Licht, / Weicht ab vom üblichen Leben / Und will in verbleichender Seide nicht / Ein fades Bild der Rose geben.

WOLFGANG GOETHE: Wo viel Licht ist, ist starker Schatten... (Götz von Berlichingen, I)

PUCK: Und immer wieder liegt der Schatten ungünstig.

KURT TUCHOLSKY: ...wir glauben nicht, daß die Flamme des Ideals nur dekorativ am Sternenhimmel zu leuchten hat, sondern sie muß hinieden brennen: brennen in den Kellerwinkeln, wo die Asseln hausen, und brennen auf den Palastdächern der Reichen, brennen in den Kirchen, wo man die alten Wunder rationalistisch verrät, und brennen bei den Wechslern, die aus ihrer Bude einen Tempel gemacht haben. (Wir Negativen, 13.3.1919)

PUCK: Doch das weihnachtliche Licht hat mit einem anderen zu tun.

JOHANNES DER TÄUFER: Der aber nach mir kommt..., der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen. (Neues Testament: Matthäus 3, 11)

JESUS: Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden... (Lukas 12, 49)

Fortsetzung folgt.

Frohes Fest!


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